Ein Beitrag von Klaus Martin Jäck, Leiter Risikomanagement & Compliance bei Horváth & Partner
Die Entwicklungen der letzten Jahre stellen Unternehmen vor immer größere Aufgaben: wir agieren unternehmerisch (und privat) in einem Umfeld ungekannter Dynamik und Komplexität. Dabei spielen die weltweite Vernetzung, eine exponentiell wachsende Datenflut sowie die zunehmende Digitalisierung eine entscheidende Rolle. Diese Veränderungen, kombiniert mit einer noch nie dagewesenen Entscheidungs-Geschwindigkeit, stellen Unternehmen vor ungeahnte Herausforderungen. In diesem sich ständig ändernden Umfeld benötigen die Entscheidungsträger in den Unternehmen aktuelle, übersichtlich aufbereitete und vor allem valide Informationen. Hier kann Risikomanagement eine große Unterstützung leisten – auch wenn es sicherlich kein allheilendes Wundermittel ist.
Risikomanagement: heute…
Risikomanagement wird heute immer noch in vielen Unternehmen als “isolierte Disziplin” verstanden, die dazu dient, Risiken zu vermeiden und das operative Geschäft des Unternehmens abzusichern. Der Chancenbetrachtung kommt meist keine oder nur eine geringe Bedeutung zu. Auch in den Steuerungssystemen des Unternehmens bleiben strukturiert aufbereitete und adressatengerecht präsentierte Risikoinformationen oft unberücksichtigt. Die überwiegende Mehrheit der Unternehmen steuert Risiken daher im klassisch retrograden Stil, anstatt sich einer innovativen und progressiven Steuerung zuzuwenden.
… und morgen
Entscheider verlangen heute mehr als die pure Finanzsicht, um Risiken und Chancen besser verstehen und bewerten zu können. Erst durch die umfassende und strukturierte Betrachtung von Risiken und Chancen ist eine fundierte Entscheidung möglich. Dabei wird ein effizientes, das komplette Unternehmen umfassendes Risikomanagement in Zukunft immer stärker den Ausschlag zwischen Erfolg und Misserfolg geben. Unter dem Begriff “performanceorientiertes Risikomanagement” werden heute Ansätze aus verschiedenen Disziplinen zusammengefasst, um diesen gewachsenen Anforderungen zu genügen.
Performanceorientiertes Risikomanagement verknüpft dabei die Elemente des klassischen Risikomanagements mit den unternehmerischen Steuerungssystemen und definiert das Risikomanagement als elementaren Bestandteil der Performancesteuerung. Basierend auf dem digitalisierten Prozessumfeld des Unternehmens und ergänzt durch innovative Technologien, wie z.B. einem Risk Radar, mit dem eine vorausschauende Risikobetrachtung möglich ist, entsteht für die Unternehmen die notwendige Transparenz für eine fundierte Entscheidungsfindung.
Ergänzt man die klassische Risikobetrachtung um eine hochfrequente, detaillierte und vorausschauende Risikosteuerung, so erhält man eine umfassende Unternehmenssicht auf Risiken & Chancen, die wertvolle Steuerungsinformationen liefert. Da die Daten in Echtzeit dargestellt werden, sind schnelle Entscheidungen möglich. Zudem ermöglichen zukunftsorientierte Informationen die Antizipationsfähigkeit der Organisation zu verbessern. Trends und Strömungen werden besser erkannt und somit können Maßnahmen für das unternehmerische Handeln, basierend auf einer fundierten, in die Zukunft blickenden Informationslage, getroffen werden. Das Risikomanagement nimmt damit eine zentrale Rolle in der operativen und strategischen Steuerung des Unternehmens ein. Dies gelingt jedoch nur, wenn Risikomanagement integraler Bestandteil aller Unternehmensprozesse ist!
Ändert man die klassische, retrograde Sicht auf Risiken und wendet sich einer innovativen, progressiven Steuerung zu, so ändern sich natürlich auch die Rollenverständnisse der am Risikomanagementprozess beteiligten Mitarbeiter. Insbesondere der Risikomanager wird immer mehr zum Berater im Unternehmen und zu einem wichtigen Partner für den CFO bzw. die Unternehmensleitung. Sein Selbstverständnis bewegt sich immer weiter weg vom reinen “Risikobuchhalter” hin zum „echten Risikomanager“ und Informationslieferanten mit Offenheit für neue Ideen und Technologien wie z.B. Predictive Analytics. Dabei bleibt die Hauptverantwortung für Risikomanagement im rechtlichen und organisatorischen Sinn selbstverständlich nach wie vor beim CFO des Unternehmens.
Risikomanagement: ausgereifte Software-Lösung oder Excel?
Doch nicht nur das Rollenverständnis ändert sich. Auch die Tools, deren sich das Risikomanagement bedient, müssen den neuen Rahmenbedingungen angepasst werden. Wie die gesamte Industrie und Gesellschaft, wird sich Risikomanagement digitalisieren müssen. Digitale Prozesse und exponentiell wachsende Datenberge mit manuellen Lösungen, wie z.B. Excel, kontrollieren zu wollen ist illusorisch. Dies wird nur mit speziellen Datenbanken- oder Softwarelösungen möglich sein. Hierbei kann schon jetzt festgestellt werden: mit zunehmendem „Digitalisierungsgrad“ des Risiko-Managements steigt der Wertbeitrag zum Unternehmenserfolg.
Doch wie immer ist auch hier das richtige Maß gefragt! Wichtig ist, sich richtig aufzustellen, d.h. zu prüfen welche Lösungen für das eigene Unternehmen, die Etablierung eines performanceorientierten Risikomanagements am besten unterstützen und die Entwicklungen nicht zu verschlafen. Es gilt: ein gutes, performanceorientiertes Risikomanagement in Excel ist besser als kein Risikomanagement!
Klaus Martin Jäck ist Diplom-Physiker und hat sich seit vielen Jahren auf das Themengebiet des Risikomanagements spezialisiert. Nach Stationen bei PricewaterhouseCoopers und IBM Global Business Services leitet er seit 2013 Horváth das Business Segment Risikomanagement & Compliance.