Interviewpartner: Matthias Hennke
Funktion: Geschäftsführer
Unternehmen: Solidaris Beratungs-GmbH
Website: http://www.solidaris.de/
Beschreiben Sie kurz Ihr Unternehmen. Welche Zielgruppe sprechen Sie hauptsächlich an?
Die Solidaris Unternehmensberatungs-GmbH – als Teil des Unternehmensverbunds der Solidaris – bietet Kompetenz aus einer Hand zu allen wirtschaftlichen Belangen von Organisationen im Gesundheits- und Sozialwesen. Seit über 80 Jahren unterstützen wir Träger und Einrichtungen der Freien Wohlfahrtspflege auf den Feldern Wirtschaftsprüfung sowie Rechts-, Steuer- und Unternehmensberatung. Zu unseren Mandanten zählen Krankenhäuser, Pflege- und Altenheime, Einrichtungen der Kinder-, Jugend-, Behinderten- und Altenhilfe sowie Unternehmen in den Bereichen Bildung und Erziehung, Wissenschaft, Kultur, Religion, Entwicklungshilfe und Umwelt mit bundesweiter Präsenz.
Was bedeutet Critical Incident Management – kurz CIRS – für Sie?
CIRS ist ein wichtiges Instrument zur Identifikation von kritischen Ereignissen und Risiken im Unternehmen. Dieses Fehlermeldesystem fördert den Aufbau und die Stärkung der Sicherheitskultur in der Einrichtung sowie das Bewusstsein, die Aufmerksamkeit und die Achtsamkeit der Menschen für kritische Situationen. Durch eine sinnvolle und konsequente Nutzung des Systems wird der einzelne Mitarbeiter entlastet, unterstützt automatisch seine Kolleginnen und Kollegen und trägt vor allem zur Patientensicherheit bei.
Welche Rolle spielt CIRS mittlerweile im deutschen Gesundheitswesen?
Die Bedeutung der vier Buchstaben ist zwar auf Management-Ebene durchgedrungen, doch eine praxisnahe und realistische Umsetzung durch die einzelnen Mitarbeiter in durchgängig allen Prozessen ist in vielen Einrichtungen noch lange nicht erfolgt. In einer Vielzahl von Einrichtungen, insbesondere in Krankenhäusern, besteht zwar formal ein CIRS, ein näherer Blick auf die Strukturen und Prozesse zeigt jedoch, dass in den meisten Häusern das vorhandene CIRS-System kaum genutzt wird. Der Bekanntheitsgrad des CIRS-Systems ist in vielen Häusern aufgrund zu geringer Marketing- und Publikationsaktivitäten sowie zum Teil eines hohen Fluktuationsgrades nicht hoch genug. Auch inhaltlich sind die eingereichten Meldungen aufgrund von unpräzisen Schulungen oftmals dem falschen Kommunikationskanal zugewiesen. Darüber hinaus wird das CIRS-System meistens noch nicht durchgängig zur Identifikation von Risiken für ein integriertes und ganzheitliches Risikomanagementsystem genutzt. An dieser Stelle besteht in vielen Fällen Optimierungspotenzial.
Welche Auswirkung hatte / hat die Novellierung der „Qualitätsmanagement-Richtlinie für Krankenhäuser“ im letzten Jahr?
Es wurde Verbindlichkeit geschaffen. Durch die Novellierung der „Qualitätsmanagement-Richtlinie für Krankenhäuser“ wurde nicht nur das Thema Risikomanagement noch stärker in den Fokus gestellt, sondern auch die Verpflichtung zur Einführung und Etablierung eines niederschwellig zugänglichen Fehlermeldesystems sowie eines patientenorientierten Beschwerdemanagements festgeschrieben. Dies fordert zum einen die Einrichtungen dazu auf, bestehende Strukturen und Elemente zu überprüfen und weiterzuentwickeln. Zum anderen wird eine flächendeckende Umsetzung – auch in den bislang noch zurückhaltenden Einrichtungen – eingefordert. Die noch eher unkonkrete Ankündigung einer pauschalen Vergütung für die Teilnahme an einrichtungsübergreifenden Portalen zur Erfassung von kritischen Ereignissen motiviert zwar einen Teil der Einrichtungen im Gesundheits- und Sozialwesen zur Umsetzung der geforderten Strukturen, lässt aufgrund der fehlenden Umsetzungsfrist und Vergütungshöhe dennoch viele Fragen offen.
Was bedeutet die Einführung eines klinischen Risikomanagements auf Basis der Österreichischen Norm 49001 für deutsche Krankenhäuser?
Sie bringt insbesondere eine gute und vor allem spezifische Struktur mit. Die Einführung eines klinischen Risikomanagements auf Basis der Österreichischen Norm 49001 für deutsche Krankenhäuser bietet einen kompetenten und pragmatischen Ansatz zur Orientierung und Definition der Grundstrukturen bei der Einführung oder Weiterentwicklung eines Risikomanagementsystems im Krankenhaus. Darüber hinaus offeriert die fachspezifische und sehr spezielle Berücksichtigung der Besonderheiten im „Unternehmen Krankenhaus“ einen praxisnahen Leitfaden. Abgeleitet von der DIN EN ISO 31000 und unter Einbezug aller im Qualitätsmanagement relevanten Bestandteile wird darüber hinaus die jahrelange Erfahrung von Fachexperten durch die Umsetzung im Gesundheitswesen Österreichs integriert und genutzt. Eingeführt wird das Risikomanagementsystem dabei durch einen systematischen und strukturierten Ansatz sowie ergänzend durch bedarfsgerechte prozessorientierte Methoden zur Unterstützung der Umsetzung in der Praxis.
Was war das spannendste Projekt, das Sie in den letzten 12 Monaten in Angriff genommen haben?
Die Einführung eines Risikomanagementsystems inkl. CIRS in einer Einrichtung für psychiatrische und psychosoziale Gesundheit gehörte in den letzten zwölf Monaten aufgrund der spezifischen Strukturen und Bedürfnisse zu einem der interessantesten umgesetzten Projekte. Die Umsetzung der einzelnen Projekte konnte durch die gute Zusammenarbeit mit den Verantwortlichen in der Einrichtung innerhalb von drei Monaten strukturiert durchgeführt werden. Zur Koordination und Planung standen wir in direktem Kontakt zu zwei projektverantwortlichen Mitarbeitern. Im Rahmen der Einführung eines Risikomanagementsystems wurden insgesamt ca. 20 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sowohl aus den betriebswirtschaftlichen und klinischen Abteilungen als auch aus dem Bereich Forschung und Lehre involviert. Das Besondere des Projekts bestand neben den strukturellen Standortgegebenheiten in der Sensibilität der Patientenstruktur sowie der Berücksichtigung spezieller und individueller Mandantenstrukturen. Die zeitlich stringente und systematische Umsetzung der Projekte sorgte für eine hohe Motivation der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter.
Ein kurzes Statement zum Schluss
Risikomanagement liegt nicht nur im Trend, sondern ist ein existenzieller Bestandteil von erfolgreicher Führung und insbesondere im Gesundheits- und Sozialwesen strukturiert und systematisch zu leben! Ich zitiere gerne Warren Buffet, denn er sagte einen entscheidenden Satz:
“Risk comes from not knowing what you are doing!“
„Risiko entsteht dann, wenn man nicht weiß, was man tut!”