Disruption und Digitale Transformation sind die zentralen Herausforderungen für Unternehmen in den nächsten Jahren. Wie stark sich die Beziehungen zwischen Kunden und Unternehmen aufgrund der Digitalisierung unserer Welt ändern wird, diskutieren wir im Interview mit Herrn Peter Brünenberg, Vice President & Managing Director der MEGA International für die Region DACH.
3GRC: Herr Brünenberg, die Schlagwörter Disruption und Digitale Transformation sind mittlerweile in aller Munde. Können Sie uns kurz erläutern, was Sie darunter verstehen?
Peter Brünenberg: Stellen Sie sich vor, Sie bieten schon eine ganze Weile bspw. über. ein Händlernetzwerk Ihre Produkte an. Jetzt kommt plötzlich ein junges Unternehmen daher, das moderne Technologien geschickt zu nutzen weiß und offeriert vergleichbare Produkte über einen für den Kunden viel bequemeren und schnelleren Weg an: zum Beispiel über eine App. Das ist nur eine vereinfachte Darstellung, aber es zeigt ganz gut, wie die Nutzung und, darüber hinaus, auch die smarte Verknüpfung von Technologien eingesetzt werden kann, um näher an den Kunden zu rücken und es ihm so einfach wie möglich zu machen. Am Markt etablierte Unternehmen geraten derzeitig immer wieder unter Druck, da sich neue Anbieter anscheinend spielerisch entweder zwischen den Kunden und bisherigem Anbieter setzen oder aber durch innovative Ideen deutliche Mehrwerte für den Kunden anbieten. Für die „Platzhirsche“ am Markt wird es nun eng, die bis dahin bewährten Geschäftsmodelle werden förmlich erschüttert. Dabei ist das Ziel der Technologienutzung nicht einmal ein Effizienzgewinnn, sondern das Erfinden neuer Geschäftsmodelle. Die Digitale Transformation ist also der Umbau von Geschäfts- und Betriebsmodellen hin zu solchen, die Technologie in diesem Sinne stärker nutzen und bei denen Technologie dann auch intensiver genutzt wird als ausschließlich zur Effizienzsteigerung.
3GRC: Die Herausforderungen denen sich Unternehmen aufgrund dieser Entwicklungen gegenüber sehen werden immer größer. Was bedeutet die digitale Transformation für Unternehmen?
Peter Brünenberg: Die größte Hürde in Deutschland ist sicherlich das relativ einseitige Verständnis von Technologie. Als sehr ingenieursorientiertes und prozessdenkendes Land wird Technologie zunächst immer im Sinne der Automatisierung mit dem Ziel von Kosteneinsparungen und Qualitätssteigerung gesehen. Das erklärt ja auch den bundesdeutschen Exporterfolg. Was also fehlt ist, Technologie als Grundlage für Geschäftsmodelle zu sehen – also quasi als Innovationsbasis mit dem Ziel, mehr und intensivere Kundennähe zu erreichen. Die Aufgabe, Technologie besser einzusetzen sollte also nicht „an die Werke“ verteilt werden, sondern im Management direkt angesiedelt sein. Bspw. über eine ausgewiesene Verantwortlichkeit und eine Person, die das Technologiepotenzial begreift und in die Fläche tragen kann. Diese Person sollte natürlich auch offen sein für Ideen, kreative Eingaben und Mut zum Risiko haben. Ich verstehe natürlich, dass es nicht leicht ist, eingefahrene und bewährte Wege zu verlassen, denn der bisherige Erfolg gibt ja Recht – und das schon lange.
3GRC: Welche konkreten Risiken entstehen durch diesen Wandel für Unternehmen und wie sind diese in den Griff zu bekommen?
Peter Brünenberg: Konkrete Risiken entstehen daraus, dass man bestehende, erfolgreiche Wege zu früh und zu absolut verlässt. Ich denke, das ist genau die Befürchtung die viele haben. Zum einen der Aufwand, der in die Nutzbarmachung dieser Technologien fließen muss, dann die bestehende Belegschaft daran umzugewöhnen und dann das Risiko, nicht in kurzer Zeit einen Erfolg verzeichnen zu können – das wird natürlich die Kritiker auf den Plan rufen. Man muss es also in überschaubare Teile zerlegen. Möglicherweise fängt man mit einem neuen Produkt an, für das man eine ganz andere Go-To-Market Strategie verfolgt: Ausgehend von der Vorstellung, in welcher Weise man für dieses Produkt den Kunden dauerhaft an sich binden möchte, definiert man, wie die Prozesse dahinter aussehen müssten. Das entsprechend zu gewährleisten und den Ausbau bzw. die Implementierung unter Nutzung einer neuen Technologie zu gestalten ist dann die Aufgabe des Projektteams. Methoden dafür gibt es bereits, wie z.B. Customer Story. Zusätzlich muss das Projekt sehr gut gemanaged werden., Aber der wichtigste Punkt ist sicherlich: Mut zum Risiko. Tatsächlich hatten ja alle Unternehmensgründer der heute erfolgreichen und bewährten Unternehmen am Anfang schon mal genau diesen Mut. Warum also jetzt nicht noch einmal?
3GRC: Wie kann ein reibungsloser Transformationsprozess im Unternehmen aussehen?
Peter Brünenberg: Es muss eine Mischung aus vorausschauender Planung, Alternativenabwägung und überschaubaren Iterationen sein. Die digitale Transformation ist eine „Einbahn-Richtung“, für die quasi mehrere Straßen möglich sind, bspw. schnelle, direkte Wege ohne Pausen oder eben welche mit Pausen. Aber es wird keinen Weg zurückgeben, denn die Technologie verschwindet nicht mehr. Somit ist also eine gewisse Langzeitplanung nötig, wohin denn die Reise gehen soll. Da man jedoch Neuland betritt, müssen die einzelnen Phasen gleichzeitig überschaubar sein – einerseits um zu erkennen, ob die Richtung stimmt, andererseits um Etappenerfolge zu erzielen. Am besten fängt man daher mit einem Piloten an, für den man Managementunterstützung hat und der Relevanz besitzt. In der Folge wird der größte Erfolgsfaktor nicht so sehr das Befolgen einer einmal festgelegten Vorgehensweise sein, sondern die kontinuierliche Einbeziehung der Beteiligten, Einnahme der Kundensicht sowie klar formulierte Anforderungen, auch wenn diese sich ändern können (der Änderung tragen ja Iterationen Rechnung, aber Klarheit ist eben wichtig). Und natürlich muss man sein „Unternehmensmodell“ kennen: Welche Prozesse, Bereiche, IT-Systeme o.ä. werden direkt / indirekt betroffen sein?
3GRC: Es ist sicherlich nicht immer einfach, Unternehmensleitung und Mitarbeiter von den neuen Notwendigkeiten zu überzeugen. Wer sind die Stakeholder in diesem Prozess und wie gelingt es, diese mit ins Boot zu holen?
Peter Brünenberg: Die Unternehmensleitung ist auf jeden Fall ein wichtiger Stakeholder. Ohne kann es nicht gehen!, Digitale Transformation ist nicht einfach ein Vorhaben, die Fertigung zu automatisieren oder ein Marketingprojekt, um mit dem Kunden besser CRM zu betreiben. Der Punkt ist ja, dass neue Technologien auf einer ganz anderen Ebene und mit viel größeren Konsequenzen Möglichkeiten eröffnet, die irgendjemand ganz sicher zu nutzen weiß. Im schlimmsten Fall ein neuer Mitbewerber am Markt, der nicht meinen ganzen „Ballast“ hat. Hier geht es also um Unternehmensausrichtung und Geschäftsmodell. Außer der Unternehmensleitung ist zudem eine klar identifizierbare Person mit einem Verständnis für das IT-Gewicht im Unternehmen wichtig: Der CIO oder ggf. ein neu zu implementierender CDO (Chief Digital Officer). Hinzu kommen die Leiter der wichtigsten, mit Kunden und der Wertschöpfung in Kontakt stehende Bereiche: Also Marketing, Vertrieb, Entwicklung.
Wie man die verschiedenen Stakeholder nun optimal in den Transformationsprozess einbindet, lässt sich pauschal nicht sagen. Von der Größe eines Unternehmens bis hin zur Organisationskultur haben sehr viele Faktoren Einfluss auf das Stakeholder Management. Grundsätzlich gilt, dass alle relevanten Interessensvertreter zum richtigen Zeitpunkt mit denen für sie wichtigen Informationen versorgt sein müssen und, dass sie sinnvoll in den Prozess sowie die zu treffenden Entscheidungen eingebunden sind. Nur so sichern Sie sich den langfristigen Erfolg eines Transformationsprojektes.
3GRC: Welche software-technische Unterstützung wird hierfür benötigt?
Peter Brünenberg: Die Digitale Transformation ist sehr umfassend und strahlt in viele Bereiche und auf viele Ebenen eines Unternehmens aus: u.a. Prozesse, IT-Systeme, Unternehmensbereiche wie Produktion, Entwicklung sowie die Kommunikationskanäle zu Partnern und Kunden ändern sich, das Datenvolumen steigt sehr stark an. Das bedeutet, man hat mit vielen und besonders auch mit weitreichenden Abhängigkeiten zu tun. Eine Änderung hier hat nicht nur eine Auswirkung direkt daneben, sondern es geht ja weiter. Wir sagen dazu „Nachbar-des Nachbarn“. Da wüsste ich schon gerne, ob eine Änderung in einem Bereich eine Risikosituation ganz anderswo verstärkt oder mildert oder mir Chancen eröffnet – oder umgekehrt: was ich für die Wahrnehmung von Chancen im Unternehmen ändern muss. Gleichzeitig müssen Statik und Flexibilität des Gesamtunternehmens gewährleistet bleiben. Ich brauche also ein Mittel, das mir bei genau diesen Fragen helfen kann, z.B. durch weitreichende Auswirkungsanalysen und Risiko- und Kostenabschätzungen. Und am besten wäre es, ich könnte auch noch verschiedene Szenarien erstellen und gegeneinander vergleichen: Das hört sich doch genau nach unserer HOPEX-Software an.
3GRC: Digitale Transformation – ein Phänomen, das uns nur kurz beschäftigen wird? Wie sehen Sie die Zukunft in Bezug auf diesen Wandel?
Peter Brünenberg: Im Prinzip ist es ja nur die nächste Phase der Industrialisierung und demzufolge werden die Errungenschaften, also Internet (oder die wie auch immer neuere Versionen davon, die es irgendwann geben wird, heißen mögen), die immer besser werdende Software sowie die Menge der vernetzten Geräte nicht wieder verschwinden. Man könnte wahrscheinlich auch „Reifestufe“ der Industrialisierung dazu sagen. Ich glaube, diese Durchdringung der Lebensbereiche mit Technologie wird noch über lange Zeit stärker werden, sowohl in Breite als auch Tiefe. Einfach weil die Akzeptanz der jungen Leute da ist und Technologie immer selbstverständlicher angenommen wird., Aber auch, weil sich ständig neue Möglichkeiten eröffnen, die wir heute noch gar nicht absehen können. Das heißt nicht, dass Technologie immer so offensichtlich präsent sein muss! Ich könnte mir durchaus vorstellen, dass sie stärker in den Hintergrund rückt, je besser sie wird. Und wer weiß, womit wir uns dann alle beschäftigen werden. Ich jedenfalls bin gespannt wie es kommen wird und vor allem, in welcher Welt meine Kinder leben werden.
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Peter Brünenberg leitet als Vice President & Managing Director, German, Austrian, and Swiss Operations die Geschäftsentwicklung der deutschen, österreichischen und schweizerischen Märkte. Nach zwei Jahren als Head of Technology bei MEGA wurde er beauftragt, die deutsche Tochtergesellschaft von Berlin aus zu führen. Peter Brünenberg ist von Hause aus Diplom-Wirtschaftsinformatiker (FH).