Ein Beitrag von Robert Vartok, Senior Manager RFC Professionals GmbH
Ein neues Marktpreisrisiko-Rahmenwerk steht vor der Einführung – mit spürbaren Auswirkungen auf Eigenkapitalanforderungen aufgrund notwendiger Neuzuordnungen zwischen Handelsbuch und Bankbuchpositionen.
In Folge der Finanzkrise haben sich die Regulatoren ein neues Ziel gesetzt: Die Vereinheitlichung der unterschiedlichen, von den Banken zu erfüllenden Kennzahlen mit denen die Institute besser miteinander vergleichbar gemacht werden sollen.
Wie am Beispiel der Überarbeitung des Kreditrisiko-Standardansatzes (BCBS d307) zu beobachten ist, geht dies soweit, dass Kreditinstitute in die Richtung bewegt werden, von internen Modellen Abstand zu nehmen, um sich vielmehr einem Standardansatz unterzuordnen.
Mit der Konsequenz einer allgemeinen Gültigkeit des Modells, das auch kleinere Institute dazu verpflichtet, die herausfordernden Vorgaben eines neu definierten und umfassenden Standardansatzes zu erfüllen.
Interne Modelle sind dabei in Ausnahmefällen nach wie vor verwendbar, jedoch unter der Prämisse der größtmöglichen Transparenz gegenüber der Aufsicht und laufenden Beweisführung in Bezug auf die Richtigkeit der getroffenen Modellannahmen.
Die neuen Mindestkapitalanforderungen für Marktpreisrisiken (BCBS 352) des Baseler Ausschusses für Bankenaufsicht, auch bekannt unter Fundamental Review of the Trading Book / FRTB gehen diesen Weg weiter und haben als nächsten Schritt das Marktrisiko-Management im Visier.
Dazu hat die EU-Kommission am 23.11.2016 auf Entwürfe zu der Capital Requirements Directive (CRD V) und der Capital Requirements Regulation (CRR II) veröffentlicht, die die Neufassung der Regelungen für Marktpreisrisiken im Rahmen des Fundamental Review of the Trading Book berücksichtigen und die Änderung der rechtlichen Grundlage für eine EU-weite Umsetzung einleiten.
Um mögliche Effekte auf die Mindestkapitalanforderungen im Rahmen der Neuzuordnung zwischen Bankbuch- und Handelsbuchpositionen zu mildern, wurde beispielsweise der Art.94 CRR angepasst und die Grenze für Handelsbuchpositionen von 20 Mio EUR auf 50 Mio EUR angehoben. Wenngleich neu zu kalkulierenden Risikoaufschläge dieser Maßnahme wieder entgegenwirken werden.
Transformation: vom Value-At-Risk zum Expected Shortfall
Durch eine Verschärfung bei den Vorgaben zur Berechnung eines Standardised Approach (SA) und der notwendigen Erfüllung hoher Standards bei der Fortführung eines internen Modells (IMA) ergibt sich die Situation, dass sich der Standard-Ansatz und der Interne Modell-Ansatz aufeinander zu bewegen. Auf jeden Fall ist von IMA-Banken ergänzend auch der Standard-Ansatz zu berechnen, wobei dessen Ergebnis das Ergebnis eines etwaigen internen Modells overruled, sobald auf dem SA basierende Grenzwerte zur Eigenkapitalunterlegung bei der Ermittlung des IMA unterschritten werden.
Für das interne Modell gilt dabei, dass die herkömmliche Value-At-Risk Bewertung durch eine verpflichtende Berechnung eines Expected Shortfalls ersetzt werden muss. Beim Standardansatz wiederum sind bei der Ermittlung eine Vielzahl von Sensitivitätskennzahlen und Risikoaufschläge zu berücksichtigen. Ziel dieser Maßnahme ist es, im Gegensatz zur bisherigen Vorgehensweise die Risikoberechnung auf Extremwerte, also besondere Stresssituationen auszurichten.
Vor allem für kleine und mittelgroße Institute sind diese neuen Regelungen eine spezielle Herausforderung, da deren Umsetzung wesentlich von einer Adaptierung, bisweilen Neueinführung von IT-Systemen und Tools getragen werden muss.
Kapitalunterlegungspflichten, Portfoliosteuerung und Hedging
Doch es ist nicht das Marktrisiko alleine von diesen signifikanten Änderungen tangiert, denn in der Detailbetrachtung offenbart sich die ganze Tragweite der neuen Anforderung, wie anhand dieser exemplarischen Darstellung zu sehen ist:
- Kreditrisiko
- Nicht-Verbriefungspositionen müssen mittels Credit Spread Kapitalunterlegungspflichten in Bezug auf das Migrationsrisiko adressiert werden
- Nicht-Verbriefungspositionen müssen über eine zusätzliche Kapitalunterlegung für das „Incremental Default Risk“ hinsichtlich des Ausfallsrisikos adressiert werden
- Verbriefungspositionen müssen zwingend über den Standardansatz berechnet werden – d.h. das interne Modell kann nicht herangezogen werden
- Liquiditätsrisiko
- Positionen müssen Liquiditätshorizonten zugeordnet werden
- Positionen sind gemäß eines Kataloges von 26 Risikofaktor-Kategorien einzustufen
- Im Standardansatz wird das Risiko über Risikogewichte adressiert
- Eigenkapitalunterlegungspflichten werden ermittelt über:
- Liquiditätsrisiko – im Expected Shortfall
- Add Ons – für illiquide oder komplexe Positionen
- endogenem Liquiditätsrisiko – durch die (Einbeziehung von bankspezifischen Einflussfaktoren)
- Hedging und Positionsführung
- Verpflichtung, bestimmte Positionen im Handelsbuch zu halten – z.B. Positionen mit Handelscharakter, Netto-Short-Positionen
- Vorgenommene Zuordnungen und etwaige Abweichungen müssen gegenüber Aufsicht begründet werden
- Nachweis eines aktiven Managements: Dokumentation der Limite, Hedging-Strategien, Handelbarkeit und der Einhaltung der Halteperioden
- Aggregation nach Risikofaktoren, nicht nach Portfolien oder Produkten
- Die Weitergabe von Zinsrisiken muss über interne Risikotransfer-Handelstische gesteuert werden, die speziellen aufsichtsrechtlichen Vorgaben unterliegen werden
- Umwidmungsmöglichkeiten werden beschränkt – zukünftig sind Umwidmungen nur unter bestimmten Umständen und nach vorheriger Genehmigung durch die Bankenaufsicht möglich bzw. können Umwidmungen durch die Aufsicht verlangt werden
- Keine Eigenkapitaleinsparungen infolge von Umwidmungen
Ein langer Weg – aber auch eine Chance
Angesichts der spürbaren Auswirkungen auf die oben angeführten Bereiche eines Instituts ist es für alle Banken wichtig, sich frühzeitig mit dem neuen FRTB-Regelwerk zu befassen, auch wenn die verpflichtende Umsetzung der Vorgaben erst mit 01.01.2019 schlagend wird.
Denn nur eine proaktive und damit frühe Auseinandersetzung mit den Anforderungen eröffnet die Chance, institutsspezifische Auswirkungen schon jetzt zu erkennen, negativen Entwicklungen rechtzeitig gegenzusteuern und diese im Idealfall vermeiden zu können. Dazu zählen steigende Eigenkapitalanforderungen aufgrund eines nicht ausreichend optimierten Portfolios, notwendige Anpassungen von Front-to-Back Prozessen und die Adaptierung der betroffenen Systeme und Schnittstellen.
RFC Professionals empfiehlt dazu, bei der Umsetzung folgende wesentliche Erfolgsfaktoren in den Mittelpunkt zu stellen:
Mit unserer fachlichen, praktischen Erfahrung aus Risiko- und Finanzarchitektur-Projekten bei diversen Kreditinstituten und unserer aufsichtsrechtlichen Expertise zum Thema Marktrisiko unterstützen wir Sie gerne. Sprechen Sie uns an – wir nehmen uns Zeit für Sie.
Weitere Informationen finden Sie auch auf www.rfc-professionals.com.