Risikomanagement ist in den deutschen Unternehmen angekommen. Die Akzeptanz für ein unternehmensweites Risikomanagementsystem hat noch Luft nach oben. Wichtig sind der „Tone from the Top“ und eine gelebte Risikomanagement-Kultur.
Im März haben wir auf unserer Seite eine Umfrage zur Akzeptanz von Risikomanagement in deutschen Unternehmen durchgeführt. Die Umfrage wurde von 33 Teilnehmern aus 14 Branchen beantwortet. Dabei waren die Finanz- und die IT-Welt mit je 20% am stärksten vertreten, gefolgt von der Dienstleistungsbranche mit 15 %.

Allgemeine Erkenntnisse
30% der Teilnehmer sind in Unternehmen mit mehr als 5.000 Mitarbeitern beschäftigt. Ein Drittel der Antworten kam aus Unternehmen mit 500 – 5.000 Mitarbeitern.
Interessanterweise korrelierte die Unternehmensgröße nicht mit der Anzahl der Mitarbeiter in der Risikomanagement-Abteilung. Erwartungsgemäß haben Finanzinstitute die meisten Mitarbeiter im Risikomanagement beschäftigt. Nahezu unabhängig von der Größe des Unternehmens umfasste die RM-Abteilung ansonsten bis max. 4 Mitarbeiter in Voll- und/oder Teilzeit.
Risikomanagement ist in den deutschen Unternehmen angekommen. Zweidrittel der Unternehmen haben Risikomanagement seit über 6 Jahren eingeführt. Nur drei Teilnehmer gaben an, erst im letzten Jahr einen Risikomanagementprozess im Unternehmen eingeführt zu haben bzw. befinden sich aktuell in der Einführungsphase.
Wird das Risikomanagementsystems nach einem etablierten Standard eingeführt, so überwiegend auf Basis von ISO 31000:2018 oder COSO. In einigen Fällen werden weitere, meist branchenspezifische Vorgaben hinzugezogen. Auch IDW PS 981 und die ONR-Serie 49000:2014 spielen eine Rolle. In knapp einem Drittel der Unternehmen wurde das Risikomanagement ohne Bezug auf einen Standard eingeführt.
Die Berichtshäufigkeit schwankt sehr stark. 1x pro Jahr, 1x pro Quartal und 1x pro Monat waren die häufigsten Nennungen. Hinzu kommen anlassbezogene Berichterstattungen, die den regelmäßigen Rhythmus ergänzen.
Risikomanagement hat noch immer Akzeptanz-Probleme
Bzgl. der Akzeptanz von Risikomanagement in den befragten Unternehmen erhält man kein einheitliches Bild. Bei ca. zwei Drittel der Teilnehmer ist die Risikomanagement-Abteilung in den Projektmanagementprozess eingebunden und kann hier mit Risikobewertungen unterstützen. In knapp der Hälfte der Unternehmen werden Risikobewertungen für die Vorbereitung von strategischen Entscheidungen auf Unternehmensleitungsebene eingeholt. Obwohl also in einigen Unternehmen die RM-Abteilung in die Entscheidungs- und Planungsprozesse eingebunden ist, liegen die Akzeptanz-Werte in diesen Unternehmen nur geringfügig über den Werten der anderen Unternehmen, bei denen die RM-Abteilung nicht entsprechend eingebunden wurde. Hier wäre es sicherlich spannend zu ermitteln, welche Faktoren dazu führen, dass das Risikomanagement noch immer mit Akzeptanz-Problemen zu kämpfen hat.

Entscheidend für die Akzeptanz von RM im Unternehmen sind insbesondere die gelebte Risikomanagement-Kultur, der „Tone from the Top“ sowie eine offene Fehlerkultur und die Schulung der Mitarbeiter. Die Einhaltung von RM-Prozessen, Anfragen seitens Wirtschaftsprüfer oder Aufsichtsgremien spielen eine untergeordnete Rolle, genau wie die gesetzlichen Vorgaben, die einzuhalten die Unternehmen verpflichtet sind.
Insgesamt ist festzuhalten, dass Risikomanagement nach wie vor in den meisten Unternehmen als „notwendiges Übel“ angesehen wird. Entscheidend sind wohl die Vorbildfunktion der Unternehmensleitung („Tone from the Top“) sowie eine offene und gelebte Risikomanagement-Kultur. Werden diese Elemente mit einer Prise „Marketing in eigener Sache“ seitens der RM-Verantwortlichen gewürzt, dürften auch die Akzeptanz-Werte steigen. Dieser Herausforderung müssen sich die obersten Risikomanager in ihren Unternehmen stellen, wollen sie den Mehrwert ihrer Arbeit für den Fortbestand des Unternehmens aufzeigen. Es kommt daher neben dem erforderlichen Fachwissen immer mehr auf die Softskills der Personen an, die Risikomanagement-Aufgaben in den Firmen wahrnehmen.

Alle Ergebnisse der Umfrage finden Sie hier.