Interviewpartner: Kathrin Jansen
Funktion: Geschäftsführerin
Unternehmen: Kathrin Jansen Consulting
Website: http://www.kathrin-jansen.de
Beschreiben Sie kurz Ihr Unternehmen. Welche Zielgruppe sprechen Sie hauptsächlich an?
Ich arbeite mit Menschen, Organisation und Unternehmen, die unsere Welt nachhaltiger und gerechter machen wollen. Dies passiert durch ganz unterschiedliche Formate: eine Bildungsreise, eine Paneldiskussion, eine Fundraising Kampagne oder ein neues Produkt. Mit frischem Denken und innovativen Ideen unterstütze ich Akteure dabei, ökologische und soziale Herausforderungen in Deutschland und der Welt anzugehen.
Was bedeutet Nachhaltigkeit für Sie?
„Humankind has not woven the web of life. We are but one thread within it. Whatever we do to the web, we do to ourselves. All things are bound together. All things connect.“ – Chief Seattle, 1855.
Wir Menschen sind nicht, wie wir so oft denken, der Mittelpunkt des Universums, sondern ein kleiner Teil in einem großen, fragilen System. Wir müssen langfristig Denken, wenn wir nachfolgenden Generationen dieselben Chancen ermöglichen wollen. Diese Gedanken versuche ich bei meiner Arbeit im Blick zu halten.
Sie haben lange Zeit in den USA gelebt: welche Unterschiede können Sie zwischen den Ländern im Umgang mit dem Thema Nachhaltigkeit ausmachen?
In Deutschland und Europa tun Regierungen mehr für den Umweltschutz, sie greifen stärker ein, setzen positive Anreize für nachhaltiges Wirtschaften oder schaffen Regulierungen, die die Umwelt besser schützen. In den USA steht man einem starken Eingreifen des Staates grundsätzlich skeptischer gegenüber. Man setzt darauf, dass Unternehmen sich etwas einfallen lassen, um die Umwelt zu schützen. Das passiert leider nicht oder nur viel zu langsam. Nichtregierungsorganisationen und Konsumenten versuchen den Druck auf US-Unternehmen zu erhöhen, aber insgesamt tut sich noch zu wenig in diesem Bereich.
Welchen Umsetzungsgrad sehen Sie in Deutschland im Vergleich zu den USA für das Thema Nachhaltigkeit?
Ich glaube, dass es in Deutschland aus oben genannten Gründen leichter ist, nachhaltiger zu leben: wir recyceln und sammeln Kompost, fahren umweltschonendere Autos, haben Solaranlagen auf dem Dach und bessere öffentliche Verkehrsmittel. Viele Amerikaner machen sich immer noch zu wenig Gedanken um ihren Energieverbrauch.
Wir haben in Kalifornien gelebt, wo seit mehreren Jahren Dürre herrscht. Mittlerweile wird das Trinkwasser knapp. Der kalifornische Staat zahlt z.B. Hauseigentümern eine Prämie, wenn sie ihren Rasen aufgeben und durch weniger wasserintensive Pflanzen ersetzen. Wenn der Klimawandel sozusagen im eigenen Garten steht, dann befassen sich Menschen mehr mit dem Thema. Mich hat sehr beeindruckt wie in Kalifornien, aber auch in anderen Bundesstaaten, Umweltschutzorganisationen soziale Medien und Online Tools nutzen, um auf Missstände aufmerksam zu machen und Druck auf Unternehmen auszuüben. Sehr schnell und sehr kostengünstig können Kampagnen im Internet gestartet werden und globale Aufmerksamkeit erregen. Unternehmen werden an allen Fronten angegriffen: es geht um Arbeitsbedingungen in Entwicklungsländern, den Schutz von natürlichen Ressourcen, Energieverbrauch, Lebensmittelsicherheit etc. Für Unternehmen sind diese Aktionen mit einem erheblichen (Image-) Verlust verbunden. Was wiederum dazu führt, dass Unternehmen versuchen, solche Kampagnen zu antizipieren und den Umweltschutz und die Schaffung fairer Arbeitsbedingungen stärker vorantreiben.
Was sind die Top-Themen, die im Zusammenhang mit nachhaltiger Unternehmensführung auf deutsche Unternehmen zukommen?
Von vielen wird Nachhaltigkeit als eine zusätzliche Aufgabe betrachtet, die man erfüllen muss. Der aktuelle Volkswagen Abgas Skandal zeigt, wie ineffektiv Regulieren sein können.
Spannend wird es, wenn Unternehmen anfangen darüber nach zu denken, wie man ein durch und durch nachhaltiges Unternehmen sein kann. Wie kommt man von „less bad“ und „compliance“ zu „truly sustainable“?
Vor einigen Monaten habe ich auf einer Konferenz mit einer CSR-Beauftragten einer großen Modekette gesprochen. Sie hat mir ihr Dilemma folgendermaßen geschildert: das Business Modell ihres Unternehmens beruht darauf, in jeder Saison möglichst viele Kleidungsstücke zu verkaufen. Aber das ist natürlich nicht nachhaltig, wir brauchen nicht jeden Winter einen neuen Mantel und auch nicht das zwanzigste T-Shirt. Wie kann dieses Unternehmen nachhaltig sein und trotzdem Geld verdienen? Welche neuen Geschäftsmodelle sind möglich? Darin liegen die Herausforderungen, denen sich die Unternehmen zukünftig stellen müssten.
Ein kurzes Statement zum Schluss:
In manchen Situationen ist es schwer zu erkennen, was nachhaltig ist. In San Francisco habe ich erlebt, wie eine Gruppe junger Unternehmen der Stadt mit einem besseren Recyclingsystem für Plastikflaschen helfen wollte. Es gibt zwar ein Pfandsystem, aber kaum jemand bringt Pfandflaschen zurück und in Supermärkten bin ich selbst schon schief angeschaut worden, als ich mein Pfand wieder haben wollte. Es gibt allerdings ein gut funktionierendes Schattensystem. Viele Obdachlose und arme Menschen, ziehen durch die Stadt, sammeln Flaschen ein und erhalten an einem zentralen Recyclinghof Geld dafür. Das System, das sich die jungen Unternehmer überlegt hatten, hätte den obdachlosen Menschen eine wichtige Einnahmequelle genommen. Letztendlich haben sie ihr Projekt nicht weiterverfolgt.