Seit dem Jahr 2000 werden in Deutschland die BigBrotherAwards an Firmen, Organisationen und Personen verliehen, die in besonderer Weise und nachhaltig die Privatsphäre von Menschen beeinträchtigen sowie persönliche Daten verkaufen oder gegen ursprüngliche Interessen verwenden.
Die (un-)rühmlichen Preisträger, die am letzten Wochenende geehrt wurden, sind
- Verkehr
Europäische Kommision, für die Einführung des Verfahrens “On-Board Fuel Consumption Meter”, das Massendatensammlung für Automobilhersteller ermöglicht.
(Link zur ausführlichen Laudatio) - Bildung
Proctorio GmbH für den “vollautomatischen Prüfungsaufssichtsservice” zur Kontrolle von Studierenden bei Online-Prüfungen.
(Link zur ausführlichen Laudatio) - Public Intellectual
Prof. Dr. phil. Dr. h.c. Julian Nida-Rümelin, Philosoph und stellvertretender Vorsitzender des Deutschen Ethikrats, für seine öffentlich mehrfach geäußerte Behautpung, dass Datenschutz die Bekämpfung von Corona erschwert und Tausende von Toten zu verantworten habe.
(Link zur ausführlichen Laudatio) - “Was mich wütend macht”
Der erste Preisträger dieser neu eingeführten Kategorie heißt “Google”. Der Internetkonzern erhält den BigBrotherAward 2021 für massive Manipulation des Internet-Werbemarktes, Aushungern von Kreativen und Medien sowie Enteignung der digitalen Persönlichkeit der Nutzer.
(Link zur ausführlichen Laudatio) - Gesundheit
Doctolib GmbH Berlin für die Missachtung von Vertraulichkeitsverpflichtungen und Nutzung von Daten für kommerzielle Marketingzwecke, die im Rahmen der Vereinbarung eines Arzttermins erfasst wurden.
(Link zur ausführlichen Laudatio)
Die BigBrotherAwards sind ein internationales Projekt: In bisher 19 Ländern wurden gefährliche Machenschaften für Menschen und Demokratie mit diesen Preisen so an die Öffentlichkeit gezerrt.

Der „Oskar für Datenkraken“ (so LeMonde) bringt die Unternehmen und Organisationen dorthin, wo sie nicht sein wollen: Im Scheinwerferlicht der Öffentlichkeit. Konkrete Beispiele zeigen, wie die Gegenseite denkt, arbeitet und vertuscht. Die BigBrotherAwards garantieren ihnen Spitzenplätze und Schlagzeilen in den Medien, die sie garantiert nicht haben wollen.
Der Name “BigBrotherAwards” ist George Orwells “1984” entnommen, in der der Autor bereits Ende der vierziger Jahre seine Vision einer totalitären Überwachungsgesellschaft entwarf. Die Preisskulptur, eine von einer Glasscheibe durchtrennte und mit Bleiband gefesselte Figur, wurde von Peter Sommer entworfen. Sie zeigt eine Passage aus Aldous Huxleys “Schöne Neue Welt”.
Und BigBrotherAwards haben bereits einiges bewirkt: Sie machten die Datenschutzprobleme bei Kundenkarten bekannt und zeigten die Risiken von RFID-Chips. Schon lange vor den Skandalen bei Lidl, Telekom, Bahn und Co. wurden die BigBrotherAwards an diese Konzerne verliehen, für die Überwachung von Mitarbeitern und Kunden. Auch so illustre Namen wie Otto Schily und Brigitte Zypries wurden mit diesem Preis bedacht, neben der bitkom findet sich auch die Ludwig-Maximilians-Universität München sowie die Bundeswehr unter den Preisträgern.
In Deutschland setzt sich die Jury aus VertreterInnen folgender Organisationen zusammen: Digitalcourage e.V. (ehemals FoeBuD e.V.), Deutsche Vereinigung für Datenschutz (DVD), Forum InformatikerInnen für Frieden und gesellschaftliche Verantwortung (FIfF), Förderverein Informationstechnik und Gesellschaft (Fitug), Chaos Computer Club (CCC), Humanistische Union (HU) und die Internationale Liga für Menschenrechte (ILMR).