Seit dem Jahr 2000 werden in Deutschland die BigBrotherAwards an Firmen, Organisationen und Personen verliehen, die in besonderer Weise und nachhaltig die Privatsphäre von Menschen beeinträchtigen sowie persönliche Daten verkaufen oder gegen ursprüngliche Interessen verwenden.
Die (un-)rühmlichen Preisträger, die am letzten Wochenende geehrt wurden, sind
- Behörden und Verwaltung
Peter Beuth, hessischer Innenminister, für die Anschaffung einer Analysesoftware der US-amerikanischen Firma Palantir.
(Link zur ausführlichen Laudatio) - Biotechnik
Ancestry.com für den kommerziellen Handel mit Speichelproben unter dem Deckmantel der Forschung.
(Link zur ausführlichen Laudatio) - Kommunikation
Precire Technologies GmbH für ihre Sprachanalyse-Software, die zur Vorauswahl von Bewerbern, insbesondere auf Führungspositionen, verwendet wird sowie zur Emotionsanalyse der Kunden in Call-Centern.
(Link zur ausführlichen Laudatio) - Technik
„Technical Committee CYBER“ des Europäischen Instituts für Telekommunikationsnormen (ETSI) für den Versuch, den neuen Verschlüsslungsstandard im Internet mit einer „Hintertür“ auszustatten, die es erlaubt, dass unsere vermeintlich sichere Kommunikation im Internet durch einen speziellen Schlüssel doch entschlüsselt und mithin ausspioniert werden kann.
(Link zur ausführlichen Laudatio) - Verbraucherschutz
Zeit Online für die Speicherung und Verarbeitung von Teilnehmerdaten der Aktion „Deutschland spricht“ und deren politischer Meinung mithilfe von Cloudtools der Google Office-Suite, für den Einsatz von Werbetrackern im großen Stil, der Finanzierung von Google für das Projekt „my country talks“ und der Einbindung von Trackingtools für dieses Projekt, mit denen Informationen an Dritte weitergegeben werden können.
(Link zur ausführlichen Laudatio)
Die BigBrotherAwards sind ein internationales Projekt: In bisher 19 Ländern wurden gefährliche Machenschaften für Menschen und Demokratie mit diesen Preisen so an die Öffentlichkeit gezerrt.

Der „Oskar für Datenkraken“ (so LeMonde) bringt die Unternehmen und Organisationen dorthin, wo sie nicht sein wollen: Im Scheinwerferlicht der Öffentlichkeit. Konkrete Beispiele zeigen, wie die Gegenseite denkt, arbeitet und vertuscht. Die BigBrotherAwards garantieren ihnen Spitzenplätze und Schlagzeilen in den Medien, die sie garantiert nicht haben wollen.
Der Name “BigBrotherAwards” ist George Orwells “1984” entnommen, in der der Autor bereits Ende der vierziger Jahre seine Vision einer totalitären Überwachungsgesellschaft entwarf. Die Preisskulptur, eine von einer Glasscheibe durchtrennte und mit Bleiband gefesselte Figur, wurde von Peter Sommer entworfen. Sie zeigt eine Passage aus Aldous Huxleys “Schöne Neue Welt”.
Und BigBrotherAwards haben bereits einiges bewirkt: Sie machten die Datenschutzprobleme bei Kundenkarten bekannt und zeigten die Risiken von RFID-Chips. Schon lange vor den Skandalen bei Lidl, Telekom, Bahn und Co. wurden die BigBrotherAwards an diese Konzerne verliehen, für die Überwachung von Mitarbeitern und Kunden. Auch so illustre Namen wie Otto Schily und Brigitte Zypries wurden mit diesem Preis bedacht, neben der bitkom findet sich auch die Ludwig-Maximilians-Universität München sowie die Bundeswehr unter den Preisträgern.
In Deutschland setzt sich die Jury aus VertreterInnen folgender Organisationen zusammen: Digitalcourage e.V. (ehemals FoeBuD e.V.), Deutsche Vereinigung für Datenschutz (DVD), Forum InformatikerInnen für Frieden und gesellschaftliche Verantwortung (FIfF), Förderverein Informationstechnik und Gesellschaft (Fitug), Chaos Computer Club (CCC), Humanistische Union (HU) und die Internationale Liga für Menschenrechte (ILMR).