Bereits seit 2003 beschäftigt sich das Berlin Center of Corporate Governance (BCCG) im Auftrag der Regierungskommission mit dem Deutschen Corporate Governance Kodex und dessen Anwendung bzw. Akzeptanz bei deutschen Unternehmen. Anhand einer empirischen Studie untersuchte das BCCG bis 2010 jährlich im sog. Kodex Report die Akzeptanz der Empfehlungen und Anregungen des DCGK. Seit 2011 werden jetzt im sog. Corporate Governance Report weiterführenden Fragen rund um den DCGK nachgegangen. Der aktuelle Corporate Governance Report 2015 wurde im Juni veröffentlicht.
Die diesjährige Studie zeigt eine positive Entwicklung der Kodexakzeptanz in Deutschland. Befragt wurden alle Unternehmen mit Sitz in Deutschland, die nach Aktiengesetz eine Entsprechenserklärung abgeben müssen. Insgesamt wurde eine Befolgungsquote von 82,6% gegenüber 78.9% im Vorjahr erreicht. Bei den unkritischen “Soll-” und “Sollte-Regelungen” trifft etwa die Hälfte auf Akzeptanz. Lediglich die seit 2002 im Kodex erhaltene Anregung A3: HV-Übertragung wird seit Jahren mehrheitlich abgelehnt und entspricht daher kaum dem geforderten Best Practice Ansatz.
Weitgehend abgelehnt wird weiterhin die Veröffentlichung des Verhältnisses der Angestellten- und Vorstandsvergütung. Diese könnte aber ab 2017 durch EU-Recht aufgrund einer Änderung der Aktionärsrechterichtlinie verpflichtend werden. Ebenfalls problematisch ist die Benennung aller unabhängigen AR-Mitglieder. Sie wird von knapp der Hälfte der Unternehmen durchgeführt.
Das BCCG wurde 2002 am Lehrstuhl Organisation und Unternehmensführung der Technischen Universität Berlin mit Unterstützung von Unternehmen aus der deutschen Wirtschaft gegründet. Das Institut versteht sich als Bindungsglied zwischen universitärer Forschung und betriebswirtschaftlicher Praxis. So werden neben Forschungsprojekten im Corporate Governance Bereich auch regelmäßige Diskussionen auf Vorstands- und Aufsichtsratsebene geführt, einen Konsens zwischen den wissenschaftlichen Erkenntnissen und praktischen Erfahrungen in der Anwendung des DCGK zu ermöglichen.
Unter der Führung von Prof. Dr. Marc Steffen Rapp sowie Prof. Dr. Michael Wolff führt die Handelshochschule Leipzig HHL seit 2011 jährlich eine Studie zur Akzeptanz des deutschen Corporate Governance Kodex durch. Hierzu werden die aktuellen Entsprechenserklärungen der größten börsennotierten Gesellschaften aus DAX und MDAX ausgewertet und darauf aufbauend das Complianceverhalten der Unternehmen analysiert. Im April 2015 wurde die letzte und aktuelle Version der Kodexakzeptanzstudie veröffentlicht.
Ziel der Studie ist es, ein aktuelles und detailliertes Bild der Kodexentsprechung zu vermitteln. Dafür werden das grundsätzliche Akzeptanzniveau und das Entsprechensverhalten auf Kapitel- und Ziffernebene dargestellt sowie die Corporate Governance Qualität der Unternehmen mittels aggregierter Indizes diskutiert. Die Studie vermittelt einen umfassenden und zugleich differenzierten Blick auf die marktrelevante Akzeptanz des DCGK in den größten, börsennotierten deutschen Aktiengesellschaften.
Die Studie zeigt, dass im Durchschnitt 96,4% der „Soll-Empfehlungen“ des DCGK von den DAX- und MDAX-Unternehmen erfüllt werden. Ablehnung erfahren insbesonde¬re Empfehlungen zum Abfindungs-Cap und zu betragsmäßigen Höchstgrenzen in Vor¬standsverträgen, der Offenlegung der Vergütungsbestandteile unter Verwendung der Mustertabellen, der Zusammensetzung und Zielbenennung des Aufsichtsrats sowie der Aufsichtsratsvergütung. Die Kodexziffer 4.2.3 (Struktur der Vorstandsvergütung) weist mit einer Entspre¬chensquote von 58,4 Prozent die höchste Abwei-chungsquote über alle Gesellschaften auf.
Insgesamt kann festgehalten werden, dass große Gesellschaften und Gesellschaften in Streubesitz höhe¬re Entsprechensgrade erreichen. Der Transparenz-Index erreicht für mehr als 75% der DAX-Gesellschaften sehr hohe Stan¬dards, für ein Fünftel der MDAX-Gesellschaften besteht jedoch noch zum Teil erheblicher Hand¬lungsbedarf. Ähnliches ist für die Themenfelder Überwachung/Kontrolle sowie Anreizsysteme festzuhalten.
Gegenüber der Vorjahresuntersu¬chung zeigt sich eine negative Veränderung in den Teilbereichen Transparenz und Anreizsysteme. Allerdings prognostizieren die Gesellschaften nur noch bei 4 Prozent aller Abweichungen, dass diese zukünftig vollständig erfüllt werden oder zumindest eine weitere Annäherung stattfindet.
Im April 2010 gegründet ist das Center for Corporate Governance an der HHL Leipzig Graduate School of Management eng mit den bestehenden Schwerpunkten der HHL in Forschung und Lehre verzahnt und verfolgt einen klaren Praxisbezug. Neben den Forschungs- und Lehrprojekten sind der intensive fachliche Austausch zwischen Forschung und Praxis im Fokus des Instituts.
Weitere Studien & Analysen finden Sie bei den einzelnen Themen übersichtlich aufgelistet.