„Krise ist ein produktiver Zustand. Man muss ihr nur den Beigeschmack der Katastrophe nehmen“ Max Frisch, schweizerischer Schriftsteller, 15.05.1911 – 04.04.1991.
KRISENMANAGEMENT IN UNTERNEHMEN
Für die „Blaulicht-Organisationen“ wie Polizei, Feuerwehr und Katastrophenschutz ist die Bewältigung von Notfällen, Krisen und Katastrophen primärer Inhalt ihrer Aufgabe. Die Einsatzkräfte verfügen über eine sehr gute und spezifische Ausbildung, vor allem aber auch über viel Erfahrung und Routine in der Bewältigung von Einsatzlagen. Unternehmen haben völlig andere Ziele und Geschäftszwecke. Die Bewältigung von extremen Ausnahmesituationen gehört nicht dazu und schon das Projektmanagement von größeren Vorhaben wird oftmals zur besonderen Herausforderung. Unternehmen in die Lage zu versetzen, Krisen wie die Profis bewältigen zu können, wird daher kaum gelingen und ist auch nicht zielführend. Also die Hände in den Schoß legen und hoffen, dass nichts passiert? Dies ist sicherlich auch der falsche Ansatz, denn „es ist wahrscheinlich, dass etwas Unwahrscheinliches passiert” (Aristoteles). Geeigneter scheint mir der Vergleich mit Piloten. Die überwiegende Arbeitszeit eines Piloten besteht aus Routinetätigkeiten. Es gibt Momente, die besondere Anforderungen an Können und Konzentration erfordern wie Landungen unter schwierigen Wetterbedingungen, doch Notfälle sind extrem selten. Mancher Pilot wird das Glück haben, während seines ganzen Berufslebens keinen Notfall bewältigen zu müssen. Auf der anderen Seite muss jeder Pilot ständig in der Lage sein, auf Notfallbewältigung umzuschalten und kritische Situationen aller Art professionell zu bewältigen. Dies gelingt nur, indem Piloten neben ihrer Ausbildung für das Führen eines bestimmten Flugzeugmusters eine Ausbildung und ständiges Training in der Bewältigung von Notfällen erhalten. Da dies natürlich nicht im normalen Flugbetrieb erfolgen kann, geschieht dies im Flugsimulator, den Berufspiloten regelmäßig zum Training aufsuchen müssen. Im Simulator werden Szenarien durchgespielt und insbesondere auch Routinen für die Bearbeitung außergewöhnlicher Situationen und Notfälle verinnerlicht.
In einem Notfall können diese Routinen dann abgerufen werden. Statt Chaos und Unsicherheit gibt es Checklisten und einen „roten Faden“ für die Abarbeitung der Situation im Team von Pilot, Co-Pilot und Crew.
Auch Unternehmen sollten derartige eingeübte Prozeduren für den Umgang mit Notfällen und Krisen haben. Hierzu gehören Notfallpläne mit Checklisten, Notfallübungen und eingeübte Prozeduren für das Krisenmanagement.
KRISENMANAGEMET-TRAININGS – NUR ÜBUNG MACHT DEN MEISTER
Piloten nutzen millionenschwere Flight-Simulatoren, Unternehmen benötigen dagegen lediglich einen vernünftig ausgestatteten Krisenstabsraum, der im Englischen martialisch „War Room“ genannt wird, um sich regelmäßig auf die Bewältigung außergewöhnlicher Lagen vorzubereiten.
Warum sollten auch Unternehmen diesen Aufwand betreiben, wo es doch so unwahrscheinlich ist, dass sich der Aufwand hierfür lohnt?
- Jedes Unternehmen kann es jederzeit treffen. Die Ursachen für eine „Lage“ sind so vielfältig wie das Leben einfallsreich.
- Außergewöhnliche Situationen, und dies müssen noch nicht einmal Notfälle, Krisen oder Katastrophen sein, haben völlig unterschiedliche Rahmenbedingungen und Anforderungen als der Normalbetrieb. Sie
– erzeugen Stress
– erzeugen persönliche Betroffenheit oder gar Traumata (Bsp. Schäden, Verletzte, Tote) bei Betroffenen und Beteiligten
– erfordern Handeln unter Zeitdruck
– erfordern Handeln unter Unsicherheit
– erfordern die interdisziplinäre Zusammenarbeit im Unternehmen
– erfordern die Zusammenarbeit mit externen Dienstleistern, Behörden und Organisationen
– erfordern eine schnelle und sachgerechte Kommunikation mit der Öffentlichkeit, Presse und sozialen Medien. - Aus der Erfahrung zu lernen, ist zu spät, denn dann sind Schäden bereits entstanden und die Reputation bei Kunden und in der Öffentlichkeit beschädigt.
- Krisenmanagement-Übungen erhöhen die Awareness im Management und bei den Mitarbeitern für das Notfall- und Krisenmanagement.
- Krisenmanagement-Übungen erhöhen die Widerstandskraft (Resilienz) von Unternehmen für jede Art außergewöhnlicher Ereignisse, da die Techniken universell und sogar im persönlichen Bereich einsetzbar sind.
ABLAUF EINER KRISENMANAGEMENT-ÜBUNG
Es gibt eine Vielzahl von Möglichkeiten, das Krisenmanagement zu üben:
- Krisenmanagement-Seminare von Seminaranbietern
- Offene Simulationsübungen für Mitarbeiter aus verschiedenen Unternehmen
- Geschlossene Simulationsübungen für Krisenmanagementteams eines Unternehmens
- Inhouse- Szenarioübungen mit realitätsnahen Szenarien
Jedes dieser Angebote hat seine Vor- und Nachteile. Für den Einstieg sind offene Trainings sehr gut geeignet. Hier ist auch ein Erfahrungsaustausch mit Teilnehmern aus anderen Unternehmen möglich. Bei offenen Trainings muss für die Teilnehmer zudem auch keine Angst bestehen, dass eigene Schwächen im eigenen Unternehmen sichtbar werden oder sich zu blamieren.
Bei einer Inhouse-Szenarioübung wird durch die Mitglieder der Krisenmanagement-Organisation ein simuliertes Szenario geübt, das so realitätsgetreu ist, dass es das Unternehmen in dieser Form auch in der Realität jederzeit treffen könnte. In dem Artikel „Wie eine Krisenstabsübung entsteht“ in den BCM-News ist beschrieben, wie eine Krisenstabsübung entsteht. Der Aufwand für eine spezifisch zugeschnittene Krisenstabsübung ist höher als bei einem Standard-Szenario. Der Vorteil dieser Übungsform ist jedoch, dass sich die Teilnehmer sehr schnell mit der simulierten Lage identifizieren und gleichzeitig ein Lern- und Übungseffekt für ein relevantes Szenario entsteht. Für den Übungsleiter bedeutet dies, sich vor der Übung in Vorgesprächen mit dem Unternehmen und durch Recherchen über das Unternehmen, den Markt und spezifische Bedrohungen ein gutes Bild für die Entwicklung des Szenarios zu machen. Dabei bietet das reale Leben dann viele Bedrohungsszenarien, aus denen ein Drehbuch für eine Simulationsübung mit herausfordernden Einspielungen gebaut werden kann. Die Krisenstabsübung kann dann als Training aus einer Kombination von Lern- und Übungseinheiten oder einer Vollsimulation über mehrere Stunden durchgeführt werden. Trainer und Beobachter protokollieren den Ablauf und geben zielgerichtetes Feedback. Optimierungsbedarf kann anschließend durch Lerneinheiten, Trainings oder individuelles Coaching aufgearbeitet werden.
Bei einer vor Kurzem durchgeführten Krisenstabsübung mit einem Kunden waren die Teilnehmer bereits voll in die Lage vertieft, bevor sie überhaupt die vollständige Lagedarstellung gelesen hatten. Die hohe Identifikation mit dem Szenario entlud sich im eifrigen Erstellen verschiedener Maßnahmenpläne bis hin zum vollständigen Shut-Down von kritischen Systemen. Nach einer geplanten Übungsunterbrechung wurde der bisherige Verlauf der Übung mit den Teilnehmern aufgearbeitet und in einer Lerneinheit theoretische Grundlagen für die Lageanalyse und -bewertung vermittelt. Danach lief die Simulationsübung weiter. Die Teilnehmer konnten direkt das Gelernte anwenden und es wurde eine hohe Lernkurve für alle Beteiligten sicht- und erlebbar. Ein unmittelbares Erfolgserlebnis, das zeigt wie mit wenigen Maßnahmen ein viel effizienteres und effektiveres Vorgehen erreicht werden konnte. Das Schicksal wollte es, dass den Kunden kurz danach ein echter Notfall ereignete. Das große Lob, das der Kunde für sein Krisenmanagement von seinem Kunden erhielt, zeigt die Wirksamkeit von Krisenmanagement-Übungen.
Neben dem Ernst der Lage, steht jedoch auch immer der Spaß am Lernen und der Weiterentwicklung im Vordergrund.
haemmerle-consulting ist auf die Durchführung von Inhouse-Szenarioübungen spezialisiert. Sprechen Sie uns an!
Matthias Hämmerle, Geschäftsführer von haemmerle-consulting, ist ein erfahrerener und anerkannter Experte für Business Continuity und Informationssicherheitsmanagement. Seine Erfahrungen sammelte der studierte Wirtschaftswissenschaftler sowohl im finanzsektor als auch bei Unternehmensberatungen und Wirtschaftsprüfungsgesellschaften. Seine Kompetenz im BCM wurde vom Busienss Continuity Institute durch die Verleihung des Member-status dokumentiert. Er ist Lead Auditor ISO 22301 und als Dozent für den Themenberiche BCM an der Frankfurt School of Finance & Management tätig. er ist Herausgeber der BCM-News, dem führenden deutschsprachigen Informationsportal für BCM.